Ich schreibe keinen Krimi.
Und doch ist der Tod auch ein Teil meiner Romanwelt.
Weil Geschichten sich um das Leben drehen. Und wo gelebt wird, wird geliebt, getanzt, gelacht, geweint, gestritten und halt auch gestorben.
Ich muss zugeben, dass es mir schwerfällt, liebgewonnene Begleiter in den Figurentod zu schicken. Auch dann, wenn ich es von Anfang an so geplant habe.
Dann schleiche ich Tagelang um eine Szene herum. Versuche das unvermeidliche noch ein wenig hinauszuzögern.
Wenn ich dann, mit Gänsehaut und schwerem Herzen den blinkenden Cursor ansehe, der mich auffordert endlich zur Sache zu kommen, heule ich schon mal Rotz und Wasser.
Weil es eben mehr als ein paar nett gewählte Worte braucht, um in so eine Szene zu gehen.
Alter, gut verschorfter Schmerz wird absichtlich aufgekratzt.
Die Liebe, die platzte, obwohl man dazu nicht bereit war.
Die Angst, nach einer Diagnose nie Kinder bekommen zu können.
Der Tod so vieler geliebter Menschen.
Und doch, ist es genau das, was ich will.
Ich will schreiben. Dabei lachen, weinen, leiden. In der Hoffnung, dass der Text diese Gefühle trägt – bis zu meinen Lesern.
Denn das wollen wir doch, wenn wir in eine Romanwelt eintauchen. Fühlen, und zwar nicht zu knapp.
Auch wenn ich diese Gefühle gut kenne, und eine Reihe von Erinnerungen im Zusammenhang mit dem Tod abrufen kann, ist Sterben für mich kein schwieriges Thema.
Wir pflegen in unserer Familie einen relativ entspannten Umgang mit dem Tod.
Nicht zu Letzt, weil meine Mutter schon länger fest eingeplant hat, bald zu sterben.
Was ich ihr natürlich immer wieder verbiete.
Zur Sicherheit hat sie aber schon mal ihren Nachruf geschrieben (sicher ist sicher, sie kennt ja niemanden, der schreiben kann).
Als ich ihr vor ein paar Jahren erzählt habe, dass meine Asche am Hang hinter unserem Elternhaus verstreut werden soll, entspann sich folgender Dialog:
Mami: «Du meinst das wirklich ernst?»
Ich: «Todernst. Hier gehöre ich hin, hier möchte ich für immer bleiben.»
Schon als Teenager setzte ich mich, wenn ich was zu bedenken hatte, gern ins Gras auf diesen Hang. Der Blick über die Wiesen und den See brachte immer eine grosse Ruhe mit sich.
Der ideale Platz, um jemandem der fern ist, nahe zu sein.
Sie überlegte kurz und sagte bestimmt: «Gut, dann komme ich auch!»
Es klang, als würden wir uns zu einer Party verabreden.
Wir hatten also einen Deal.
Ein paar Wochen vergingen, bis das Thema wieder aufflammte.
Meine Mutter hatte sich Gedanken über ihre letzte Ruhestätte gemacht.
Dabei war ihr klar geworden, dass ihre Besucher eine bequeme Sitzgelegenheit brauchen würden.
Und ein Baum wäre nett.
Also besprachen wir unser Anliegen mit meinem Bruder, dem der Hang, den wir zukünftig mit unserer Asche düngen wollen, gehört.
Die Sache war gar nicht so einfach. Eine Bank mitten in einer Wiese, die gemäht werden muss, bedeutet Mehraufwand.
Und dann noch ein Baum.
Er tendierte zu einem Obstbaum. Uns war das zu schnöde.
Mein Wunsch wäre ein Nussbaum gewesen, der wächst schnell.
Was meine Mutter wollte, ist mir gerade nicht präsent – jedenfalls hatten wir viel zu besprechen in den darauffolgenden Wochen.
Nun haben wir den perfekten Platz gefunden.
Die Bank steht und die Linde gedeiht prächtig.
Und wir leben alle noch – das freut mich ganz besonders!
Liebe Edith,
schön, dass ihr alle noch lebt! Aber auch sehr schön, dass ihr euch auch im Thema Tod so nahe seid, euch darüber austauschen könnt und euch jetzt sogar gemeinsam ein Plätzchen vorbereitet habt. Sehr ergreifend! Auf ein noch langes, buntes Leben!
Liebe Grüße
Carolin
Danke für deine lieben Worte Carolin – ich hoffe auch, wir leben noch lange!
Ich sehe so oft, dass Angehörige solche schwierigen Entscheidungen allein treffen müssen.
Ich bin froh, haben wir alles geklärt.
Grüessli,
Edith
Liebe Edith, ich folge dir ja bereits auf Instagram und lese auch deine Blogartikel sehr gerne. Nun muss ich doch endlich auch mal etwas kommentieren 😉 !
Dein Blogpost liest sich ganz wunderbar! Mir schien es, als würde ich bereits hier ein Buch von dir lesen und wollte am Ende gleich „weiterblättern“, um zu schauen wie es sich mit deiner Familiengeschichte weiter entwickelt.
Danke liebe Katrin,
Es ist so schön das zu lesen!
Ich arbeite fleissig daran, dass es bald etwas gibt, bei dem man weiterblättern kann ;).
Grüessli,
Edith