Chamäleon

Ich liebe ja Psychotests – schon immer. Egal ob in der Bravo mit; «Bist du eine gute beste Freundin?» Oder später in Frauenzeitschriften; «Göttin der Nacht oder Mauerblümchen – finde es heraus!», beflissen setzte ich Kreuzchen in mit A, B oder C beschriftete Kästchen. Wenn mir das Endergebnis gefiel, habe ich auch ohne Zögern daran geglaubt. Wenn nicht, dann war der Test natürlich Humbug.
In meiner Ausbildung zur Romanautorin lernte ich die Archetypen und das Enneagramm kennen, um ein stimmiges Figurenensemble für meinen Roman aufzubauen.
Die Archetypen dienten dazu, die verschiedenen Rollen zu besetzen, das Enneagramm wurde mein Werkzeug, um bereits aufgebaute Charaktere besser einzuordnen. Und natürlich habe auch ich mich «eingeordnet».
Herzlichen Glückwunsch; Sie sind ein Chamäleon!

 

Was ist ein Enneagramm?

Das Enneagramm ist ein Modell zur Bestimmung verschiedener Persönlichkeitstypen.
Durch die Analyse unserer Werte, Meinungen, Prioritäten und Verhaltensweisen zeigt es uns auf, was wir vielleicht schon über uns selbst wissen. Aber wer bereit ist, näher hinzuschauen, erfährt bestimmt noch ein wenig mehr über sich.
Bildlich wird die Methode durch einen, von einer 9 gekrönten Kreis, der im Uhrzeigersinn mit den Ziffern 1 bis 9 beschriftet wird, dargestellt.
Die Reihenfolge der Typen beinhaltet keine Wertung. Persönlichkeitstyp 1 ist demnach nicht besser oder schlechter als jemand, der einer 4 oder 8 zugeordnet wird. Jeder Grundtypus hat sowohl positive als auch negative Eigenschaften.
Das Enneagramm-System besagt aber auch, dass niemand nur ein einziger Typ ist. Die Persönlichkeit ist meist eine Mischung aus dem Grundtyp und mindestens einem oder zwei angrenzenden Typen, die als «Flügel» bezeichnet werden. Diese angrenzenden Persönlichkeitstypen können den Charakter beeinflussen, ändern aber nicht den Enneagramm-Grundtyp.
Auch die Bezeichnungen für die unterschiedlichen Zahlentypen sind je nachdem, wo man sich informiert anders. So wird der Typ 3 klassisch als Dynamiker, aber auch als Kämpferin, oder wie bei dem Test, den ich gemacht habe, als Chamäleon bezeichnet.

 

Typ 3 oder: das Chamäleon

Chamäleons organisieren ihr Leben um Ziele herum, um Anerkennung und Bewunderung von anderen zu erhalten. Unabhängig davon, in welchem Bereich sie tätig sind, wollen 3er als einer der Besten auf diesem Gebiet anerkannt werden. Sie sind zuversichtlich und glauben, dass sie bei allem, was sie anpacken, Erfolg haben werden, und das haben sie auch oft. Sie sind ehrgeizige Wesen, zielstrebig, entschlossen und effizient. Sie sind sehr taktvoll und haben Charisma. Sie gehen in Beziehungen auf und passen sich leicht an. Sie knüpfen einfach Kontakte und wissen, wie sie sich am besten Verhalten.

 

Fühle ich mich wie ein Chamäleon?

Zugegeben, erst war ich nicht so zufrieden mit meinem Testergebnis. Dieser Chamäleon-Typ scheint mir ziemlich erfolgsgeil zu sein. Sympathisch ist mir das auf den ersten Blick ja nicht.
Ich wäre lieber etwas Romantischeres, Verspielteres und Bescheideneres. Etwas, das netter klingt.
Aber es stimmt, ich bin zielstrebig. Mein Traum war es schon seit einer Ewigkeit, diesen Roman zu schreiben. Das habe ich getan und ihn noch dazu selbst verlegt.
Ohne eine gute Portion Ehrgeiz und Durchhaltevermögen wäre mir das nicht gelungen.

Und ja, ich bin eher der Typ, der an sich glaubt. Das liegt in meinen Genen. Oder an meiner Erziehung. Jedenfalls bin ich ganz froh darüber, nicht ständig einen inneren Kritiker zum Schweigen bringen zu müssen, der mir ins Ohr flüstert, ich sei nicht gut genug. Was nicht heißt, dass mir nicht auch ab und zu der Allerwerteste auf Grundeis geht, wenn ich Texte herausgebe.
Als mein Manuskript bei den Testleserinnen lag und zum ersten Mal von jemandem fremden gelesen wurde, bin ich fast durchgedreht.

Aber habe ich das alles nur für die Anerkennung getan? Will ich reich und berühmt werden? Ein kleiner Tinten-Rockstar?
Die klare Antwort darauf lautet: Jein.
Natürlich will ich meine Leserinnen begeistern. Klar gefällt es mir, Komplimente für «Karpfen im Froschteich» zu bekommen. Und ich genieße all die Nachfragen, wann es ein nächstes Buch von mir geben wird.
Und würde man mir glauben, wenn ich behaupten würde, ich möchte kein Geld mit meiner Arbeit verdienen? Wobei es mir dabei nicht um Statussymbole geht – obwohl der Test das von mir denkt.
Aber um Anerkennung schon. Anerkennung für viele Monate Arbeit.
Mist. Ich bin ein Chamäleon.

 

Wie wirken sich diese Charakterzüge auf mein Autorenleben aus?

Obwohl ich mich als eher locker einschätze, habe ich einen hohen Qualitätsanspruch. Als mir klar wurde, dass ich meine Geschichte nicht richtig rund bekomme, habe ich angefangen, mich mit dem Schreibhandwerk zu beschäftigen.
Über einen Mini-Workshop bin ich so auf die Romanschule gestoßen und habe die Ausbildung zur Romanautorin gemacht. Seither bilde ich mich ständig weiter.
Ein Satz den ich oft gesagt habe im Zusammenhang mit meinem Buch, ist: «Ich will es einfach schön haben!» Das war mir bei jedem Produktionsschritt wichtig.
Das hat bedeutet, dass ich viele Testleser mit im Boot hatte, mir gute Dienstleister für Lektorat, Korrektorat, Buchsatz und Cover geleistet habe, und bei der Überarbeitung manche Extrarunde gedreht habe.
Ich wollte ein Buch produzieren, dem man nicht ansieht, dass es von keinem Verlag stammt. Das war mir von Anfang an wichtig.
Und das ist mir gelungen. Ich verbuche das unter «Berufsehre».

 

Mein Chamäleon hat Flügel

Ich bin keine reine 3er Persönlichkeit, sondern 3w2. Also 3er mit einem 2er Flügel. Mit den Eigenschaften, die diesen Typen beschreiben, kann ich mich besonders gut identifizieren.
Das wären; warmherzig, hilfsbereit und ermutigend, dazu wortgewandt.

Mein gesamtes Berufsleben habe ich im Dienstleistungssektor gearbeitet. Vor allem, weil ich es mag, meinen Mitmenschen eine Freude zu machen.
Dazu habe ich praktisch immer gute Laune und bin von Haus aus ein freundlicher Mensch, der schwer aus der Ruhe zu bringen ist.
Und egal ob mit der Kassiererin im Laden oder in einer Warteschlange, ich komme fast immer mit jemandem ins Gespräch.
Und ich bin nicht mal die, die anfängt. Es ist, als stehe auf meiner Stirn: «Bitte erzählen Sie mir aus Ihrem Leben, ich bin ganz Ohr.»

Gerade letztens war so ein Tag. Ich saß beim Coiffeur auf der ledernen Bank im Wertebereich. Die angekündigte Wartezeit lag bei fast einer Stunde.
Neben mir saß eine grauhaarige, in die «Gala» vertiefte Dame, und zwei Frauen, die zusammen auf den Handybildschirm der jüngeren schauten. Schon nach wenigen Minuten kam ich mit den beiden ins Gespräch.
Ein sehr nettes Mutter-Tochter-Paar, mit dem ich bestimmt eine halbe Stunde plauderte. Bei unserem Abschied nahmen sie sogar Werbeflyer für meinem Roman mit nach Andermatt.
Mit einem zufriedenen Lächeln griff ich nach der «Gala», die die Grauhaarige gegen eine «Frau mit Herz» eingetauscht hatte, und überflog die erste Seite.
Da parkte eine Dame um die siebzig in einem hellblauen Kostüm einen Rollstuhl, in dem ein jüngerer Mann sass, neben der Wartebank.
Wir rückten ein Stück rüber, und auch sie nahm Platz. Ich überblätterte gerade Florian Silbereisen, als sie mich ansprach: «Wissen Sie, wie die Moderatorin heisst, die so viel abgenommen hat?»
Ich wusste es nicht.
«So eine kurvige. Eine witzige.» Half sie mir auf die Sprünge.
«Vielleicht Barbara Schöneberger? Die von Wetten dass?» Überlegte ich laut.
«Genau die!», zufrieden wedelte sie mit ihrem Handy in der Luft herum, «die hat mit Gummibärchen so viel abgenommen. Das habe ich im Internet gelesen.»
Daraufhin erklärte sie mir alles, was sie über diese überteuerten Abnehm-Gummibärchen wusste. Zehn bis zwölf Kilo in zehn Wochen könne man damit verlieren, mindestens. Und ganz ohne Sport.
Ich blieb skeptisch und riet ihr, sich Testberichte anzuschauen. Woraufhin sie mir versicherte, die seien getestet.
Die Frage war nur, von wem. Für mich klang das zu gut, um wahr zu sein. Ich appellierte an ihre Vernunft. Aber so richtig wollte sie nichts davon hören.
Stattdessen zeigte sie mir auf ihrem Handy eine E-Mail, die den Anschein machte, als wäre sie schon mitten im Bestellvorgang für diese Wunderbärchen.
Wie es aussah, suchte sie nur noch nach jemandem, der ihr Absolution erteilte – und dieser Part sollte ausgerechnet mir zufallen.
Ich redete auf sie ein, wie auf eine kranke Kuh, um sie von dieser Idee abzubringen.
Ich schüttelte den Kopf und sagte: «Sowas haben Sie doch gar nicht nötig! Sie sehen super aus.»
Da verzog sie das Gesicht und deutete auf den glasig vor sich hinlächelnden Mann im Rollstuhl: «Nicht für mich, für meinen Sohn!»
Da wurde ich aufgerufen.
Die Grauhaarige sah von ihrer Zeitschrift auf und sagte zum Abschied: «Sie kennen aber viele Leute.»
Ich liebe solche Begegnungen.
Und ich hoffe, sie konnte die Finger von diesen Gummibärchen lassen.

 

Fazit

Ein Chamäleon zu sein, ist gar nicht so übel.
Ich genieße, dass Menschen in mir jemanden sehen, mit dem sie ungehemmt plaudern können, in einer Zeit, in der niemand mehr die Musse für sowas hat.
Und es ist fantastisch, dass das Schreiben nun mein Arbeitsmittelpunkt ist, auch wenn es mir etliche Stunden Schönheitsschlaf abringt.
Es erfüllt mich mit Stolz und Dankbarkeit, dass es da draußen Menschen gibt, die meine Blogartikel, meinen Newsletter und mein Buch lesen.
Und ich freue mich darauf, bald an Messen und Märkte zu gehen, wo sich das perfekt verbinden lässt.
Ich feiere jedes verkaufte Buch und freue mich über jede neue Leserin.
Wäre ich ein romantischerer, verspielterer und netter klingenderer Enneagramm-Typ, hätte ich das wahrscheinlich nicht geschafft.

 

Und was für ein Typ bist du?

Du bist neugierig, welchem Enneagramm-Typen du angehörst? Mit diesem kostenlosen Onlinetest weißt du es in zehn Minuten.
Aber Achtung, vielleicht hallt es länger nach …

 

2 Kommentare

  1. Guten morgen ich habe das Buch gelesen und musste ein paar mal lachen die Geschichte fand ich super so wie es im wahren Leben ist. Ich arbeite in der Pflege in einem Alters und Pflegeheim könnte auch manche ebisoden erzählen oder sogar ein Buch verfassen darüberleider bin ich nicht so begabt wie siewerde das Buch weiter endpfehlen machen sie weiter so liebe Grüsse Barbara vom Campingplatz Seefeld Park

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