Familiäre Strukturen und Beziehungen zwischen Menschen haben mich schon immer interessiert.
Wir alle haben es bei anderen schon gesehen, wie sie offenen Auges ins Verderben rennen. Der Klassiker, den jeder von uns Küchenpsychologen kennt, ist die Frau die als Kind geschlagen wurde und sich trotz dem, oder gerade deshalb, immer wieder in gewalttätigen Beziehungen wiederfindet. Da fallen schnell mit bedeutungsschwer gesenkter Stimme die Worte: «Beziehungsmuster» und «Aufarbeitung».
Bei einer unserer hauseigenen Küchentischpsychologenrunden fiel mir mein eigenes Beziehungsmuster wieder ein. Ich habe es vor Jahren bei einer Familienaufstellung enttarnt.
Für die, die noch nie Teil einer Familienaufstellung waren, weil sie durch und durch glückliche Mensch sind, keine zwischenmenschlichen Probleme haben, oder diese schlichtweg nicht bemerken, umreiße ich das Konzept kurz: Ein paar fremde Menschen treffen sich in einem geschützten Raum. Dort stellen sie unter Anleitung der Leiterin Stellvertreter für ihre Grundfamilie auf.
Die Person, die ihre Familie aufstellt, wählt unter den Teilnehmern für jedes Familienmitglied einen Stellvertreter aus. Diesen führt sie an der Schulter an seinen Platz.
Vater, Mutter und Geschwister werden zu einem Stillleben arrangiert. Je nach Gefühl, mit mehr oder weniger Abstand, sich zugewandt oder eben nicht.
Dann fließen geheimnisvolle Energien, die ich mir nicht erklären kann, die mich allerdings überzeugt haben, als ich auf meinem Stuhl saß, und meine eigene Stellvertreterin beobachtete.
Mein Wunsch war simpel. Ich befand mich in einer schwierigen Beziehung mit einem jungen Mann, der zeitgleich in einer noch komplizierteren Beziehung feststeckte.
Mit seiner Mutter.
Es zeichnete sich ab, dass es nicht möglich sein würde, beide Beziehungen weiterzuführen, da seine Mutter ihn eifersüchtig als ihr Eigentum verteidigte.
Mein Plan war ihn in die Mitte zu platzieren, dann links und rechts seine Mutter und mich.
Zack, wüsste ich Bescheid zu wem er gehen würde und könnte davon abhängig entscheiden, ob ich diese schwierige Beziehung ein weiteres Mal retten sollte oder sie beenden.
Ein Geniestreich. Dachte ich. Die Kursleiterin fand, ich solle besser bei mir selbst das Problem suchen. Das hört man ja immer gern.
Da mir in dem Moment nichts anderes übrig blieb stellte ich – obwohl es bestimmt nicht an mir lag, aber bitte – meine eigene Familie auf.
Kurze Rede, langer Sinn, es lag doch an mir.
Bei der Aufstellung zeichnete sich ab, dass ich die Tendenz hätte, mir unbewusst schwächere Partner auszusuchen, um sie dann verachten zu können.
Jahre, und die eine oder andere verkorkste Partnerschaft später muss ich zugeben, dass diese Aufstellung den Nagel auf den Kopf getroffen hat.
Nun kommt natürlich die große Frage: Wie durchbricht man so ein negatives Beziehungsmuster?
Die Antwort darauf kenne ich leider nicht. Ich bin seit Jahren glücklich verheiratet und dafür gibt es, wenn ich ehrlich bin, wohl nur eine plausible Erklärung.
Diesen Mann habe nicht ich ausgesucht. Er wurde mir von unserem damaligen Gleitschirm-Fluglehrer regelrecht auf den Bauch gebunden.
Es war das Beste, was mir je passiert ist.